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- Claim Management: Konsequenzen und unausweichliche Konflikte antizipieren
Wer bei komplexen (Investitions-)Projekten Nachforderungen „managen“ muss, gewinnt immer dann, wenn er im Vorfeld seine Hausaufgaben gemacht hat. Und die beginnen maßgeblich mit den vertraglichen Vereinbarungen. Was gehört unbedingt in Verträge? Was ist zu tun, wenn von Liefer- bzw. Dienstleistungspartnern vertraglich Zugesagtes nicht eingehalten wurde? Mit Rechtsanwalt Christian Hald , der für das Best Practice Institute auch den Aspekt Claim Management schult, habe ich die Thematik genauer unter die Lupe genommen. Was ist Claim Management genau? So beschreibt es z.B. die Bundesagentur für Arbeit: „Claim-Manager/innen übernehmen Aufgaben im Nachforderungsmanagement. Hier geht es u.a. darum, die wirtschaftlichen Folgen von nicht vorhersehbaren Ereignissen im Projektverlauf wie Lieferengpässen, Materialfehlern oder Änderungen aufgrund neuer Vorschriften mit den Vertragspartnern einvernehmlich zu klären. Um Nachforderungen oder Gewährleistungsansprüche zu vermeiden, eruieren Claim-Manager/innen bereits in der Angebotsphase, welche Störfaktoren sich auf die termin- und qualitätsgerechte Leistungserbringung auswirken könnten und handeln die Aufnahme dieser Fälle in die Verträge aus.“ Und: „Kommt es zu Ablaufstörungen oder Abweichungen bei Vertragspartnern, z.B. Zulieferbetrieben, die die reibungslose Abwicklung von Aufträgen behindern, ermitteln Claim-Manager/innen, ob bzw. in welcher Höhe Ansprüche gegen das jeweilige Unternehmen bestehen und setzen sie durch.“ Für sauberen Sachverhalt sorgen! Fakt ist: Nicht jedes Unternehmen verfügt über einen ausgewiesenen Claim-Management-Experten. Also sind diejenigen gefragt, die die Fleißarbeit in den Verträgen gemacht haben. Fälle bzw. Forderungen gewinnt man nicht damit, dass man jedes Gesetz auswendig kennt. Juristen können dies nicht, warum sollte es dann der Einkauf oder der Vertrieb kennen? Fälle gewinnt man mit einem sauberen Sachverhalt! Im Gegensatz zu Juristen kennen den Sachverhalt aber ausschließlich diejenigen, die den Vertrag verhandelt haben. In der Konsequenz: Der Jurist kann nur so gut sein, wie der Sachverhalt ist! „Guter“ oder „schlechter“ (Vertrags-)Sachverhalt? Umso wichtiger ist es, sich mit in der Regel unausweichlicher „Konflikte“ bereits vor umfangreichen Vertragsschlüssen intensiv zu befassen – insbesondere vor komplexen (Capex-)Prozessen. Hierfür ist unabdingbar, eine Vorstellung zu haben, welche juristische Konsequenz ein „guter“, aber auch ein „schlechter“ (Vertrags-)Sachverhalt hat. Mit ganz wenig juristischem Know-how erklärt sich plötzlich, warum man das eine oder andere in Verträgen macht oder was man vielleicht auch besser weglässt. Handeln, insbesondere vertragliches Handeln, hat Konsequenzen. Ziel muss immer sein, das Unternehmen gerade in diesem erfolgskritischen Bereich bestmöglich abzusichern. BPI-Rechtsexperte Christian Hald nennt wichtige Fragen: Bei welchen gegnerischen Klauseln ist Vorsicht geboten? (Haftungsausschlüsse etc.) Was hat es eigentlich mit AGB auf sich? Und was passiert, wenn diese sich widersprechen? Bei Auslandsbezug: Welches Recht ist anwendbar? Welche Gerichte sind zuständig? Wie besänftige ich „störrische“ Vertragspartner? Wie können Haftungsregelungen fair und auf Augenhöhe gestaltet sein? Und, und, und … Misere exakt benennen können Christian Hald weist zudem auf die Bedeutung der Kommunikation mit der Gegenseite hin: „Einkauf bzw. Vertrieb müssen die Misere exakt benennen können. Vorher ist zu klären, in welcher Form Abmahnungen und/oder (Mängel-)Anzeige einzuhalten sind.“ Ebenfalls zu beachten: Ausschlussfristen (vertraglich und/oder gesetzlich) sowie das Vorgehen bei Lieferengpässen, etwa wenn der Vertragspartner Fristen versäumt oder wenn er sich gar vom Vertrag lösen will. Auch auf diese Fragen weist Rechtsanwalt Hald hin: Was versteht man unter „Verschulden“? Was hat Force Majeure damit zu tun? Welche Konsequenzen entstehen daraus? Und nicht zu vergessen: „Es gilt sich auch auf ungerechtfertigte Forderungen der Gegenseite professionell einzustellen.“ Fazit Claim Management sollte als Aspekt des Risikomanagements verstanden bzw. verankert werden. Wer sich erst dann mit Nachforderungen beschäftigt, wenn kleine und große Kinder in den Brunnen gefallen sind, hat nicht nur wesentlich schlechtere Karten, sondern nicht selten auch gestörte bis gekappte Beziehungen. Bei Schadensersatzforderungen ist es wie mit einem Rührei: Ein faules Ei verdirbt die ganze Mahlzeit. Das spielt am Ende auch dem Wettbewerb in die Karten und kann bis zur Existenzbedrohung führen. „Ich rate also zu entsprechenden Trainings, um die Organisation handlungssicher zu machen“, so Christian Hald. Ein Unternehmensbespiel: Jungheinrich, führender Lösungsanbieter für die Intralogistik, hat seine Mannschaft mit Hilfe des spezifischen BPI-Know-hows entsprechend aufgestellt. Sabine Ursel , 9. Juli 2025, www.sabine-ursel.de
- Charisma … kann man erlernen!
Ach ja … Charisma! Die Einen haben es, die Anderen nicht. So heißt es. Strahlkraft und Charme, Selbstbewusstsein und Souveränität, Wortgewandheit, authentische Körpersprache … Wenn man sich diese vielbewunderten, vermeintlich natürlichen Eigenschaften doch nur kaufen könnte, und am besten gleich im Paket … Die gute Nachricht: Daran lässt sich arbeiten. Investieren muss man in der Tat, nämlich in Zeit zur Selbstreflexion. Führungskräfte tun gut daran, sich mit dem Thema eingehender zu befassen. Das Thema birgt nämlich jede Menge ungeahntes Potenzial. Wer glaubt, die dem Charisma gemeinhin zugeschriebenen positiven Eigenschaften seien in Stein gemeißelt, irrt gewaltig. Einlassen ist gefragt! Ehrliches Interesse vorausgesetzt, kann jeder und jede die eigenen Wesensmerkmale lernen zu erkennen und zu deuten. Ziel ist, Beziehungen sukzessive zu verbessern, also im Umgang mit Mitarbeitenden, Kunden, Lieferanten etc. eine neue, positive Ebene der Qualität zu schaffen. Und was sind nun die Zutaten für dieses durchaus anspruchsvolle Rezept? Mit Maske kein Charisma Erst der Einklang von Werten, Gedanken und Handlungen schafft Glaubwürdigkeit – und damit die beste Voraussetzung, um intendierte Erfolge zu erreichen. Authentizität ist der Schlüssel … der Nährboden, ohne den Charisma nicht gedeihen kann. Authentische Menschen strahlen eine innere Sicherheit aus. Eine gespielte Rolle kommt hingegen einer Manipulation gleich. Und wer das Auftreten, die Argumentation bzw. den Kommunikationsstil (s)einer Führungskraft als unecht (als unauthentisch) wahrnimmt, wird sich kaum als motiviert, berührt und inspiriert empfinden. Die möglichen Folgen: Unsicherheit, Widerstand bis innere Kündigung. Charismatic Leadership „Charismatische Führungskräfte ermutigen andere, Risiken einzugehen und Höchstleistungen zu erbringen, selbst wenn die Aufgabe nahezu unmöglich erscheint. Sie erreichen ihr Publikum effektiv und souverän durch klare Kommunikation und Artikulation und fördern ein Umfeld der Zusammenarbeit und Teamarbeit. Sie sind zudem sensibel für die Bedürfnisse anderer und setzen Veränderungen zum Wohle ihres Umfelds um.“ Eine erste gute Beschreibung, nachzulesen auf Study.com . Tiefgehender weiß es Sanni Luis zu definieren. Sie blickt auf über zwei Jahrzehnte Bühnenerfahrung zurück. Die Sängerin und Schauspielerin trainiert für das Best Practice Institute seit vielen Jahren erfolgreich Führungskräfte, Einkaufs- und Vertriebsteams. Und sie weiß sehr genau: „Echte charismatische Führungskräfte haben keine Maske auf. Sie sind optimistisch und lebensbejahend. Sie haben eine lebendige Art und eine klare Stimme. Sie können überzeugen und wissen andere mitzureißen. Sie sind empathisch, interessiert an anderen Menschen und können zuhören. Sie haben Präsenz, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Und ganz wichtig: Sie stellen nicht ihr Ego in den Mittelpunkt.“ Klar sei allerdings auch, dass ein wahrer authentischer Auftritt mit einer entsprechenden „echten“ Körpersprache einhergehen müsse. Authentizität … der Weg dahin Kann Sanni Luis ein „Referenzbeispiel“ für Authentizität und Charisma nennen? „Ja, das ist Barack Obama“, der 44. Präsident der USA. „Er hat eine natürliche, ‚echte‘ Ausstrahlung, eine gute Lebendigkeit in der Stimme und weiß Sprechpausen geschickt einzusetzen.“ Auch ihm sei bewusst, dass und wie gezieltes Coaching (noch) erfolgreicher mache … Sanni Luis nutzt in ihren Trainings die Kamera. „Den Teilnehmenden wird damit zum ersten Mal die Außenwahrnehmung der eigenen Präsenz, Gestik, Mimik und Stimme gespiegelt.“ Und die entspräche oft nicht der Eigenwahrnehmung. Es gibt eine ganze Reihe Begründungen dafür, dass Authentizität und Charisma anhand gezielter Übungen geschult werden sollten. Beispiele: eine zu leise Stimme, zu lange Sätze, zu schnelles Sprechen, keine Übereinstimmung von Gesagtem und Mimik, keine aufrechte Körperhaltung und vieles mehr. „Ich vermittele, dass es Spaß machen kann, vor Menschen zu sprechen und sie zu begeistern. Am Ende der Trainings macht die Kamera keinen der Teilnehmenden mehr unsicher.“ Andere befähigen Die Bedeutung von Authentizität und Charisma liegt also auf der Hand – und wird noch immer von vielen Führungskräften und Personalabteilungen unterschätzt. Warum ist das so? Sanni Luis: „Viele Führungskräfte halten sich aufgrund ihrer Bildung und ihres Werdegangs für gut gewappnet. Das mag auf ihre fachliche Expertise zutreffen. Sie wissen aber nicht, welche ‚soften‘ Faktoren darüber hinaus wichtig sind. Dazu gehört z.B. auch Achtsamkeit in Bezug auf die eigene Person und auf andere Menschen.“ Ihr Fazit: „Ich bin jedes Mal begeistert, wenn mir die Teilnehmenden am Ende der entsprechenden Trainings sagen, dass sie verstanden haben, um was es geht: nämlich nicht um Macht, sondern um Menschlichkeit. Um eine Arbeitskultur, auf die man stolz sein kann. Und auf den bedeutenden Part, den man selbst spielt, um andere zu befähigen.“ Praxis-Übungen in Trainings Sanni Luis trainiert Führungskräfte, Einkaufs- und Vertriebsteams in Sachen … • Stimme, Präsenz, Auftritt, Atemtechnik Das BPI richtet einen Fokus auf persönlichen „ Charismatic Leadership “-Stil, den es in der Kommunikation umzusetzen gilt. Im Modul „ Grundlagen der Kommunikation “ sind Übungen zum Sender-/Empfänger-Modell (auch im digitalen Kontext) sowie zum Fremd- und Selbstbild vorgesehen. Bei „K ommunikationsmodelle situativ erfolgreich anwenden “ geht es um Körpersprache, Rhetorik und Wirkung sowie um vier Elemente der Verständlichkeit. „ Kommunikationstechniken “ behandelt systemisches Fragen und die Wirkung, um Feedback als Entwicklungsinstrument sowie um neurowissenschaftliche Erkenntnisse. Der Lerntransfer wird durch realistische Fallbeispiele und den Aufbau einer persönlichen Toolbox für Teilnehmende gesichert. Sabine Ursel , 26 Mai 2025, www.sabine-ursel.de
- Wertschätzung: (Er-)Kennen Sie den Wert?
Wann haben Sie zuletzt ernsthaft über Begriffe wie Respekt, Würde, Anerkennung, Achtung, Wahrnehmung, Vertrauen, Aufmerksamkeit, Interesse, Miteinander, Gerechtigkeit sinniert? Betrachtung und Interpretation sollte freilich mehrdimensional erfolgen. Vereinfacht gesagt: Wer selbst Respekt und Aufmerksamkeit für das eigene Ansinnen reklamiert, wer Vertrauen einfordert (hier gemeint: Führungskraft), sollte sich fragen, ob er oder sie Selbiges auch im beruflichen Kontext im Umgang mit Anderen (hier gemeint: Mitarbeitende) bewusst lebt … Imperativ … kategorisch Kleiner Exkurs: Der Philosoph Immanuel Kant wurde dieser Tage vor rund 300 Jahren geboren (22. April 1724 im preußischen Königsberg; dort auch gestorben am 12. Februar 1804). Der Mann hat der Nachwelt einen ethischen Kompass mit auf den Weg gegeben, dessen Relevanz gerade in der heutigen – arg komplexen, disruptiven – Zeit hochaktuell ist. Kernfrage: Treffen wir unsere Entscheidungen so, als könnten sie zu allgemeingültigen Gesetzen werden? Arg vereinfachte „Formel“ des Kategorischen Imperativs: „Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu.“ Und wenn das so ist, dann werden Personen nicht als bloßes Mittel zum eigenen Zweck behandelt. Dann ist beispielsweise gelebtes „unvoreingenommenes“ Zuhören ohne Bewertung eine Form echter Wertschätzung. Dann ist Wertschätzung der Booster für Motivation und mithin bessere Leistungen. Von der „philosophisch-psychologischen“ Überbaubetrachtung zur praktischen Anwendung: Was bedeutet das Ganze für den Kontext rund um den Einkauf? Wertschätzung als Wettbewerbsvorteil begreifen Warum tun sich viele Menschen, also auch Führungskräfte, so schwer? Für das Magazin „ C.ebra – Zeitschrift für effiziente Beschaffung rund um Büro und Arbeitswelt“ habe ich den Begriff „Wertschätzung“ genauer unter die Lupe genommen. Mein Petitum: Wertschätzung gilt es als Schlüsselkompetenz für persönliche, berufliche und gesellschaftliche Entwicklung zu begreifen – und damit auch als Wettbewerbsvorteil im Einkauf. Wer Wertschätzung oberflächlich „anwendet“, wirkt (und ist) unauthentisch. Bloße Taktik führt früher oder später zu Abstand, Widerstand, Demotivation und zunehmend unproduktiven Ergebnissen. Das kann keiner und keine wollen! Auch die Lieferantenperspektive gilt es dringend einzubeziehen. Wertschätzende Ansätze können Auswirkungen von Marktveränderungen mildern. Durch stabile Lieferantenbeziehungen lassen sich Preissprünge oft abfedern. Lieferanten, die sich als wertgeschätzt wahrgenommen fühlen, werden diesen Einkäufer, in Knappheitssituationen möglicherweise bevorzugt beliefern … Liegt eigentlich auf der Hand, oder? „Sozialer Klimawandel durch neue Wertschätzung“ Interessante Ansätze liefert das Autorenquartett Natalja Althauser, Cristina Petzolt, Stephan Grabmeier und Stephan Petzolt in der Publikation „Was Menschen verbindet – Sozialer Klimawandel durch neue Wertschätzung“ (Springer Nature, Wiesbaden, 2024). Behandelt werden u.a. die Entwicklung des Begriffs beziehungsweise das jeweilige Verständnis von der Historie bis zur Jetztzeit, relevante Ansätze der Wissenschaft und praktische Anleitungen für Menschen in Beruf und Gesellschaft. Tenor: Mangel an Wertschätzung sorge für Inkohärenz. Gerade in Zeiten von Industrie 4.0, Digitalisierung und Klimawandel sei Wertschätzung als Erfolgsfaktor zur Verminderung von Komplexität und Schaffung angstfreier Räume ohne Repressalien zu begreifen. Gehirn-Cocktail: Chemische Botenstoffe nutzen Die Freiburger Co-Autorin Natalja Althauser verweist auf sich verändernde gesellschaftliche Perspektiven, die sich auch in unternehmerischer Hinsicht auswirkten. „Wertschätzung – das zeigt sich schon auf der frühsten Entwicklungsstufe – löst eine Reihe chemischer Botenstoffe aus, auf die wir alle aus sind – wie etwa Dopamin und Serotonin. Der Motivationsfaktor wird so richtig angekurbelt. Es ist also nicht zu viel gesagt, wenn wir meinen, dass Wertschätzung den besten Gehirn-Cocktail mixt.“ In kleineren Unternehmen sei der Umgang im Übrigen stärker auf ein Miteinander und weniger auf rigide, hierarchische Konzepte ausgerichtet. „Individualität bietet besondere Chancen und darf nicht als Manko oder gar als unternehmerisches Minus begriffen werden“, betont Natalja Althauser. Erfolg menschlicher machen … In den BPI-Trainings und Coachings für Einkauf, Vertrieb und Führung spielt der Part der „Wertschätzung“ eine bedeutende Rolle. Die Beschäftigung auch mit diesem – in der in der Regel zuvor unerkannten bzw. ungenutzten – erfolgskritischen Faktor sorgt für ein anderes/neues Verständnis in Sachen Führungskompetenz. Es gilt, verschiedene Kulturen und Perspektiven zu erleben, psychologische Sicherheit zu erlangen und somit Spitzenleistungen zu erzeugen. Sabine Ursel , 10. April 2025, www.sabine-ursel.de Weiterführende Links: Buch „Was Menschen verbindet – Sozialer Klimawandel durch neue Wertschätzung“ (Springer Nature, Wiesbaden, 2024) Mehr zum Magazin C.ebra Mehr über Immanuel Kant
- Resilienz – jetzt erst recht und bitte sofort!
Seufzen, Abwarten, Aussitzen, Beharren … Das war noch nie eine echte „Strategie“. Aber wenn Satire die Realität überholt, dann ist es richtig ernst. Gezielte Provokationen sind an der Tagesordnung. Tradierte „Gewissheiten“ und vermeintlich übergeordnete „westliche Werte“ werden gerade vehement über den Haufen geworfen. Was vor der US-Wahl noch als irrwitzig motiviert bzw. verargumentiert galt, lässt sich nicht mehr als „partnerschaftlich“ aus- und wegdiskutieren. Die alte „Wertegemeinschaft“ muss sich neuformieren bzw. buchstäblich verteidigen. Gewiss ist mittlerweile nur: Planbarkeit war gestern. Disruption ist und bleibt die neue Realität. Der Faktor Geopolitik hat sich auf die Risikolandkarte eingebrannt. Das Korsett wird enger und enger. Der Umgang damit kann nur lauten: Es gilt, Resilienz systematisch herbeizuführen, um sich im Wettbewerb (weiter) behaupten zu können. Der Resilienz-Begriff geistert seit längerem durch den ökonomischen Diskurs, die Bedeutung ist aber noch längst nicht in allen Unternehmerköpfen angekommen. Es gibt kein „weiter so“ mehr Jeder Unternehmenslenker sollte sich bewusst machen, dass belastbare Resilienz-Maßnahmen nicht ohne weitsichtig und pragmatisch ausgerichtete Einkäufer, Logistiker und Supply Chain Manager umsetzbar sind. Diese Experten agieren emsig hinter dem Vorhang. Sie müssen steuern. Sie müssen die Versorgung auch in Krisenzeiten sichern (können). Sie sollen den großen, bunten Strauß aktueller und potenzieller „Negativ-Events“ sowie deren (makro-)ökonomische Auswirkungen laufend im Blick behalten. Und die Liste möglicher Risiken ist lang: potenzielle Versorgungsengpässe (z.B. De-Risking-/De-Coupling-Fragen in Sachen China/Taiwan) – global bedrohte Transportrouten – kritische Energie- und Rohstoffversorgung – Volatilität in Sachen Nachfrage, Währungen und Preise sowie Materialverfügbarkeiten (Halbleiter, seltene Erden etc.) – lähmende Regulatorik – gefährliche Cyber-Problematik – akuter Fachkräftemangel – folgenreicher demografischer Wandel … Das sind wohlgemerkt Beispiele. Und nun muss die ohnehin diffizile Gemengelage auch noch unter dem Bogen „disruptive Geopolitik“ gemanagt werden. Das erfordert von Geschäftsleitungen und Führungskräften Einsicht und Weitblick. Und damit stehen die Macher zugleich vor der keineswegs lapidaren Frage: Was sagen wir wie unseren Mitarbeitenden und Partnern? Wie transportieren wir die Bedeutung von Resilienz? Wie wird unser gesamtes Unternehmen mit unseren Menschen, Prozessen und (globalen) Lieferketten widerstandsfähig? Welche Beiträge erwarten wir künftig vom wem? Ausgangspunkt von Veränderung ist die Erkenntnis, dass es kein „weiter so“ mehr geben wird. Selbstbild vs. Fremdbild Aber Vorsicht! Wie überall im Leben klaffen auch in den Unternehmen nicht selten Selbstbild und Fremdbild weit auseinander. Beispiele: Wie resilient kann ein Unternehmen sein, in dem z.B. noch immer über Faxgeräte kommuniziert wird? Man mag es kaum glauben, aber die Erfahrung zeigt, dass diese Art „Technik“ zumindest in nicht wenigen KMU zu den täglich genutzten Arbeitsmitteln gehört, während andere sich längst mit (ersten) KI-Projekten beschäftigen und das dann auch von ihren Partnern einfordern werden. Die Erfahrung zeigt auch, dass so mancher Einkaufsleiter – durchaus auch aus größeren Unternehmen – tatsächlich noch immer meint, dass ein (wichtiger) Lieferant ihn bei einer Havarie schon „als Ersten“ informieren würde … Man habe ja schließlich immer gut zusammengearbeitet … Tool-basiertes Risk Management, wohlgemerkt mit Szenario-Berechnungen und konkret vordefinierten Handlungsdefinitionen? Ja, das sei interessant, aber es koste ja auch eine Menge … Die Geschäftsleitung sei der Meinung, man werde im Krisenfall dann schon richtig handeln, wenn es erforderlich werde … Im Ernst? Und wenn dann obendrein ein Vertreter (Einkäufer etc.) eines solchen Unternehmens sein „fortschrittliches Vorgehen“ anhand von Präsentationen auf Fachveranstaltungen als „Best Practice“ vorstellt, ist im Zuhörerbereich auch schon mal lautloses Lachen vernehmbar. Resilienz bedeutet, das bisherige Vorgehen zu hinterfragen, Fehleranalyse bewusst anzustoßen, historische falsche Annahmen zu erkennen, aus Fehlern zu lernen und als Konsequenz daraus rasch adäquate Maßnahmenbündel zu schnüren. Fakt ist: Das Resilienz-Verständnis reicht weit über klassisches Risikomanagement hinaus. An dieser Stelle eine (ausnahmsweise längere) Beschreibung des erfolgskritischen Faktors Resilienz: " Im industriellen Kontext wird Resilienz als die Fähigkeit definiert, mit äußeren Belastungen und Störereignissen umgehen zu können, sodass die Handlungsfähigkeit, der Betriebserfolg und damit die Existenz von Unternehmen gesichert sind. Resilienz betrifft das gesamte Produktionssystem und die Unternehmensorganisation und ist deshalb eine Kernkompetenz eines Unternehmens. Resilienz zu erzeugen und zu erhalten ist ein fortlaufender Strategieprozess, der eng mit Früherkennung verbunden ist. Das Management vernetzter Produktions- und Produkt-Service-Systeme stützt sich dabei auf Umsetzungsstrategien wie Agilität, Adaption und Innovation und den in diesen Kontexten entwickelten Instrumenten wie: Früherkennung, modulare Systemplanung, reversible Leistungsstufen, Technologie- und Datensouveränität etc. Eine besondere Herausforderung ergibt sich für die Unternehmen, wenn sie Teil von Wertschöpfungsnetzwerken sind. In diesem Fall ergibt sich Resilienz nicht nur im Unternehmen selbst, sondern auch in der Lieferkette bzw. dem gesamten Netzwerk. Die Unternehmen sind gezwungen, bereichs- und branchenübergreifende Kollaborationsstrukturen sowie Alternativen zu etablieren, Datenverfügbarkeit zu organisieren und eine Rollenverteilung im Wertschöpfungssystem aufzubauen – oder sich in bestehende Strukturen hierzu einzubringen. Aspekte der Vernetzung und der Einsatz moderner Technologien alleine reichen jedoch nicht aus, um die Resilienz in Unternehmen zu sichern: Auch die Kompetenzen der Beschäftigten und die kontinuierliche Personal- und Organisationsentwicklung sind kritische Faktoren für ein robustes, widerstandsfähiges Unternehmen. So tragen zum Systemdenken und Denken in Szenarien qualifizierte Beschäftigte dazu bei, das Wertschöpfungsnetzwerk als Ganzes abzusichern .“ Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung (2023) Alles ganz schön „herausfordernd“, oder? Was ist zu tun? Beispiele: Resilienz-Management muss als dringende Erfordernis erkannt werden. Der bloße Begriff muss praktisch „auf die Straße“ kommen: Was bedeutet er für konkret für unser Unternehmen? Was bedroht unser Geschäftsmodell aktuell, morgen, übermorgen? Welche negativen Ereignisse sind planbar – und welche nicht? Wie gehen wir konkret mit nicht planbaren Ereignissen um? Stichworte: geopolitische Einflüsse, Zölle, (Klima-)Katastrophen (auch an entlegenen Standorten mit eigenen Werken bzw. denen von wichtigen Zulieferern), Insolvenzen von Lieferpartnern, weltweite Zugangsbeschränkungen, plötzlich schwindende Verfügbarkeiten etc. Welche konkreten Maßnahmen definieren wir? Ziel: geordnetes Vorgehen, vordefinierte Prozessschritte, eindeutige Zuständigkeiten im Schadeneintrittsfall Welche E-Tools helfen uns dabei? „Zu hohe“ Kosten sind kein Gegenargument – die Havarie eines wichtigen Lieferanten beispielsweise kann fatale wirtschaftliche Konsequenzen haben, die Software-Kauf inklusive Implementierung bei Weitem übertreffen! Dazu gehört auch der Imageverlust. Wie beziehen wir Partner ein? Welche Beiträge zur Resilienz erwarten wir von ihnen? Wie weit sind unsere Wettbewerber in Sachen Resilienz? Szenario: Wen beliefert ein Partner in einer Engpasssituation wohl zuerst? Ziel: Wir wollen vor Anderen agieren bzw. möglichst früh handlungs-/lieferfähig sein. Welche externen Experten können uns bei der komplexen Thematik unterstützen? Und: Wie beziehen wir unsere Mitarbeitenden ein? Was bedeutet Resilienz für den Einzelnen, für Abteilungen, Schnittstellen und übergreifende Teams? Welche Trainingsmaßnahmen sind für wen geeignet? Welche Bedeutung hat Resilienz für den privaten Kontext? Trainingsunterstützung Wie „transformieren“ wir bisherige „Denke“? Mindset-Thematik ist nicht zu unterschätzen! Wie definieren wir künftig „Leadership“? Welche neuen Skills brauchen unsere Führungskräfte und Mitarbeitenden? Welche Trainingsmaßnahmen müssen wir für welche Teams aufsetzen? Welche Schnittstellen holen wir in Trainings an einen Tisch? Wie fördern wir interkulturelle Kompetenzen? Wie gestalten wir künftig partnerschaftliche interne sowie externe Stakeholder- Kommunikation? Wie lässt sich interne und externe Kommunikation menschlicher gestalten? Checklisten: © Sabine Ursel Akzeptanz! Heike von Borries (Trainerin beim Best Practice Institute – BPI, Wiesbaden) beschäftigt sich intensiv mit Resilienz bei Führungskräften und Teams: „Das Thema ist in allen Branchen und allen Unternehmensbereichen akut – an den Schreibtischen, im Vertrieb, in der Produktion. Und immer geht es darum, auch einschneidende und bedrohlich erscheinende Veränderungen erfahrbar, ver- und konkret bearbeitbar zu machen.“ Den Rahmen bilden beispielsweise neue Markterfordernisse, Anpassung an neue Geschäftsmodelle, geplante Digitalisierungsprozesse, Implementierung technischer Tools bzw. komplexer Systeme. „Auch Wachstum durch Zukäufe bedeutet für die Mitarbeitenden einen nicht zu unterschätzenden Veränderungsbedarf“, betont die Expertin. „Akzeptanz“ sei eine wichtige Voraussetzung für Trainingserfolge in Sachen Resilienz, erklärt Heike von Borries. Wer verstehe, warum es künftig kein „weiter so“ geben kann, bringe sich motovierter ein. „Resilienz ist ein breites Feld, das auch in den privaten Bereich reicht. Ein widerstandsfähiges Unternehmen entsteht erst durch widerstandsfähige Mitarbeitende.“ Weitere sechs Resilienz-Bausteine in ihren BPI-Trainings: Optimismus, Lösungsorientierung, Verlassen der Opferrolle, Übernahme von Verantwortung, Nutzung von Netzwerken und Planen der Zukunft. Sabine Ursel , 24. März 2025, www.sabine-ursel.de